In Zeiten von Social Distancing und stark eingeschränkten Sozialkontakten sind besonders jene Personen von Vereinsamung und Langeweile betroffen, die wenig oder gar keine digitale Kompetenzen besitzen. Dies trifft in der heutigen Zeit besonders häufig auf die ältere Zielgruppe zu, weshalb mir die Idee für ein leicht bedienbares Tablet für Senioren kam.
Denn nachdem laut dem Gesundheitsministerium ein aktives geistiges und soziales Leben in der Demenzprävention ein wichtiger Baustein sein kann, würde diese Lösung einige Vorteile mit sich bringen..
Ich habe selbst in meinen Telefonaten mit den Großeltern einen gewissen Frust über die aktuelle Situation und die Einschränkung des gewohnten Lebens herausgehört. Besonders im Fokus stand für mich hier die Videotelefonie mit Verwandten, um das soziale Leben so gut wie möglich wieder herzustellen, aber auch Apps zum Zeitvertreib in der Quarantäne.
Nachdem Corona unseren Alltag wohl leider noch einige Zeit begleiten wird, ist für mich ein leicht verständliches Tablet für Senioren das ideale Geschenk.
Mehr Infos zu dieser Überlegung, eine Übersicht über etwaige anfallende Kosten findet ihr auf meiner neuen Unterseite.
Noch Fragen oder Probleme? Vielleicht findet sich die passende Antwort darauf bereits in der FAQ Sammslung.
Nachdem ich aus früheren Versuchen mit Smartphones wusste, dass das genaue Klicken auf einem kleinen Bildschirm für meine Großeltern nicht mehr möglich ist, war das Tablet die logische nächste Stufe.
In meinem Fall habe ich ein altes Samsung Google Nexus 10 für diesen Zweck reaktiviert.
Außerdem erschien mir Android für dieses Projekt aus zwei Gründen besonders gut geeignet:
1. Durch die Möglichkeit den Launcher (= Startbildschirm) sehr variabel zu gestalten, kann man das Gerät sehr gut auf die Bedürfnisse der Zielgruppe anpassen.
2. Als langjähriger Android-User kenne ich selbst das System sehr gut und kann im Fall der Fälle auch telefonisch gute Unterstützung geben.
Die Einstiegspreise für Tablets als Geräte für Videotelefonie starten bei ungefähr 100 Euro. Falls ein SIM-Kartenslot erforderlich ist, starten die ersten Modelle bei zirka 230 Euro. Generell sollte aber auf allen aktuellen Android Tablets meine seniorengerechte Konfiguration eingerichtet werden können und Videotelefonie verfügbar sein.
Lenovo Yoga Smart Tab LTE
Preis: ab 240 Euro
Größe: 10,1 Zoll
Android 9
+ Top Preis-Leistungsverhältnis
+ Integrierter SIM-Kartenslot
+ Guter Lautsprecher
+ Robustes Gehäuse
+ Integrierter Standfuß
– Alte Android Version
Samsung Galaxy Tab A7
Preis: ca. 180 Euro
Größe: 10,4 Zoll
Android 10
+ Gutes Preis-Leistungsverhältnis
+ Gute Display- und Soundqualität
+ Schönes Design
+ Sehr gute Akkulaufzeit
– Mäßige Kameraqualität
– Lange Ladezeiten
Lenovo Tab M10 HD
Preis: ab 190 Euro
Größe: 10,1 Zoll
Android 10
+ Integrierter SIM-Kartenslot
+ Gutes Preis-Leistungsverhältnis
+ Schönes Design
+ Gute Lautsprecher
– Einsteiger-Prozessor
– Niedrige Auflösung
Als nächstes habe ich mehrere Launcher ausprobiert und mich schlussendlich für den Square Home 3 – Launcher : Windows style entschieden.
Hier hat man die Möglichkeit beliebig große Kacheln auf dem Startbildschirm zu platzieren und so das richtige Antippen für wenig geübte Benutzer zu vereinfachen.
Als nächstes stellt sich die Frage, welche Apps für Senioren sinnvoll sind um die geistige und soziale Aktivität wieder zu erhöhen.
Dabei habe ich an folgende Kategorien / Apps gedacht:Dann
Wenn man sich schon nicht persönlich sehen kann, ist Videotelefonie noch am ehesten damit vergleichbar.
Ich habe Skype als App gewählt, da hier für den Angerufenen nur ein einziger Knopfdruck notwendig ist um die Videotelefonie zu starten und der Anruf auch bei gesperrtem Bildschirm ankommt.
Außerdem ist die App kostenlos und bereits bei mehreren Familienmitgliedern im Einsatz gewesen.
Hier habe ich mich für die Goole Fotos App entschieden. Diese ist in der Regel bei Android vorinstalliert und bietet mehrere Vorteile.
Automatische Synchronisation: Über die Weboberfläche von Google können aus der Ferne neue Fotoalben erstellt werden, die automatisch synchronisiert werden, wenn am Tablet die App geöffnet wird. So können alle Familienmitglieder die Alben am Tablet aus der Ferne mit neuen Fotos befüllen.
Einfache Bedienung: Zudem sind die Schaltflächen in der App gut verständlich und die Fotos bzw. Alben haben eine angenehme Größe um angeklickt zu werden.
Nachdem irgendwann alle Gespräche geführt und viele Fotos angesehen sind, habe ich nach weiteren einfachen Unterhaltungsmöglichkeiten gesucht. Installiert habe ich zu Beginn drei interessante Apps:
YouTube: Nachdem das Videomaterial auf der Plattform für eine unendliche Beschäftigung ausreicht und lustige Tiervideos oder Hoppals fast bei jedem für gute Laune sorgen, ist YouTube hier natürlich ein Fixstarter.
Jigsaw Puzzle Spiele Epic: Hier handelt es sich um eine kostenlose Puzzle App mit unzähligen schönen Motiven. Die Anzahl der Teile pro Puzzle kann sehr einfach eingestellt werden und die seltene Werbung ist auch für Senioren einfach zu überspringen.
Da beide bei einem der letzten Treffen sehr verblüfft und begeistert von den vielseitigen Möglichkeiten von Google Maps waren, habe ich zudem noch Google Earth am Tablet installiert. Die Bedienung ist komplexer – aber sobald man damit zurechtkommt, kann man sich lange selbst beschäftigen und Vieles entdecken.
Lumosity : Laut eigenen Angaben handelt es sich dabei um die #1 App für kognitives Training. Diese App ist nicht für den Beginn gedacht. Mit fortschreitendem Geschick ist dies aber eine gute Möglichkeit täglich neue Herausforderungen zu meistern und passende Ablenkung zu finden.
Um Erklärvideos darzustellen habe ich auch einen Videoplayer installiert. Dabei habe ich auf VLC for Android zurückgegriffen.
Nachdem erwartungsgemäß trotz umfangreichen Handbuch und Videos nicht alles sofort verständlich ist und funktioniert, habe ich mit Teamviewer zusätzlich eine App installiert, die Zugriff auf das Tablet aus der Ferne zulässt.
Anmerkung: Leider wird mein Tablet nur teilweise unterstützt. Dadurch kann ich keine Klicks selbst durchführen, sondern nur am Display mittels Fingerzeig andeuten, wo hingeklickt werden muss, was aber auch sehr hilfreich sein kann.
Nachdem ich mir also ausgiebig Gedanken gemacht habe wie das Tablet für Senioren aussehen sollte, konnte ich mit der tatsächlichen Umsetzung starten.
Zuerst habe ich das Tablet auf den Werkszustand zurückgesetzt und neugestartet. Dabei habe ich ein neues Google-Konto erstellt und mir die Daten gespeichert.
Danach habe ich die oben angeführten Apps auf das Gerät heruntergeladen und begonnen den Startbildschirm mit Hilfe des Square Home 3 – Launcher : Windows style entsprechend aufbereitet. Schon nach kurzer Zeit war ich mit dem Ergebnis zufrieden:
Um alle Funktionen des Launchers nutzen zu können, habe ich in dem Fall auch die kostenpflichtige Version Square Home Key – Launcher: Windows style für € 4,29 erworben und aktiviert.
Eine Problemstellung ist, dass viele Großeltern keinen Internetzugang, geschweige den WLAN besitzen. Idealerweise hat das Tablet daher bereits eine SIM-Karte mit Internet eingebaut. Das war bei mir leider nicht der Fall.
Mein erster Ansatz war es, zusätzlich zum Tablet ein altes, nicht mehr verwendete Smartphone mit aktiven Hotspot zu übergeben. Dies hat anfäglich gut funktioniert. Nach einer gewissen Zeit wurde der Hotspot inaktiv und das Internet für das Tablet war weg.
Daher wurde das Tablet so konfiguriert, dass es in einem bestehenden WLAN-Netzwerk im Wohnhaus eingeloggt wurde. Dies funktioniert nun sehr zuverlässig und macht keine Probleme mehr.
Alternativ gibt es auch die Möglichkeit mit mobilen WLAN-Modems der Mobilfunkbetreiber eine entsprechende Verbindung in der Wohnung herzustellen. Diese können vorab konfiguriert und mitsamt dem Tablet übergeben werden.
Hier war nicht viel Konfiguration notwendig. Der VLC Media Player findet automatisch alle Videos, die am Gerät vorhanden sind und zeigt diese übersichtlich an. Zudem bietet die App beim ersten Start sogar eine kurze Erklärung der Tasten und Schaltflächen, was sehr praktisch ist.
Mit Google Photos, lässt sich das Tablet auch aus der Ferne mit neuen Fotos bzw. Alben befüllen.
Dazu muss man sich auf seinem eigenem PC/Laptop unter https://photos.google.com/ mit dem Google Konto des Tablets einloggen. Danach hat man die Möglichkeit Fotos in den Cloud-Speicher hochzuladen. Wenn man bereits in seinem persönlichen Google-Konto eingeloggt ist, muss man sich vorher ausloggen oder ein Ikognito-Fenster (Chrome) / bzw. privates Fenster (Firefox) benutzen.
Sobald auf dem Tablet die Google Fotos App geöffnet wird, synchronisieren sich diese Fotos und Alben aus der Cloud und sind dann auch lokal am Gerät abrufbar.
Nachdem es sich idealerweise um einen „Dummy Account“ handelt, der nur für das Tablet erstellt wurde und sonst keine sensiblen Daten enthält, kann man die Zugangsdaten und den Link auch an Verwandte/Bekannte weitergeben, die dann selbst neue Fotos direkt in die Cloud zur Verfügung stellen.
Bei Skype habe ich mit dem neuen Google Konto einen neuen Benutzer erstellt und sämtliche Accounts aus von den Verwandten als Kontakte hinzugefügt. Dies ist relativ unkompliziert möglich und stellt sicher, dass später die Anrufe entsprechend korrekt zugestellt werden.
Beim Teamviewer habe ich mir vorsorglich die ID bereits aufgeschrieben, mit der ein Zugriff aus der Ferne möglich ist. Allerdings ist diese so gut lesbar, dass auch technisch wenig affine Benutzer diese telefonisch durchgeben können.
Hier wurden de facto kaum Vorbereitungen getroffen. Ich habe lediglich ein paar Suchvorschläge schon eingetippt um ein Gefühl zu übermitteln, was man eingeben kann.
Auch für diese Apps wurden keine besonderen Konfigurationen getroffen. Hier soll die schriftliche Bedienungsanleitung die Benutzer des Tablets entsprechend einschulen.
Aus der Vergangenheit wusste ich, dass bereits das Finden von „oben“ und „unten“ bei Tablets und Mobiltelefonen für eine wenig technikaffine Zielgruppe problematisch sein könnte.
Daher habe ich beschlossen, mit Etiketten die korrekte Haltung sowie die wichtigsten Tasten zu beschreiben:
Um die Berührungsängste so gering wie möglich zu halten, habe ich versucht, sämtliche mögliche Schritte in einem Dokument zusammenzufassen und diese mit Screenshots zu dokumentieren.
Dieses Dokument ist somit die Basisanleitung für Personen mit wenig bis keiner Vorerfahrung mit Android Geräten. Der Download des Dokuments ist hier kostenlos möglich:
Die Erklärvideos behandeln sowohl die Grundsteuerung, als auch tiefergehende Unterstützung bei der Anwendung von Google Earth oder der Puzzle App.
Alle erstellten Erklärvideos sind auch unter diesem Link abrufbar und stehen zum kostenlosen Download zur Verfügung:
Auf Grund der Problematik mit Covid-19 und der Tatsache, das meine Großeltern mit 80+ zur absoluten Risikogruppe zählen, hat auch die Übergabe etwas verkompliziert.
Ich habe zuerst gründlich meine Hände desinfiziert, danach den die Ausgedruckte Bedienunganleitung in ein Papiersackerl gegeben. Anschließend habe ich Tablet und Ladekabel bestmöglich mit Desinfektionsmittel und Küchenrolle gereinigt und ebenfalls in das Sackerl gegeben.
Da vor Ort noch ein paar Dinge am Tablet konfiguriert werden mussten (z.B. WLAN-Zugriff) habe ich dazu dann Einweghandschuhe angezogen um den „sauberen Zustand“ beizubehalten. Abschließend wurde das Sackerl vor der Türe platziert, angeläutet und der entsprechende Sicherheitsabstand eingenommen.
Schon zwei Stunden nachdem ich das Tablet abgegeben habe, wollte ich mich telefonisch erkundigen, ob meine Großeltern es schon geschafft haben, die Tastensperre zu lösen und den Startbildschirm zu erreichen.
Und ich wurde überrascht! Meine Oma erzählte mir, dass Opa bereits irgendwelche Motorradvideos anschaut. Er hatte also bereits YouTube entdeckt, wenn auch vielleicht mit etwas Zufall.
Um zu sehen, was am Tablet passiert habe ich sie gebeten die Teamviewer App zu starten und so Zugriff auf den Bildschirm bekommen.
Bei meinen ersten Anrufen erwischte mein Opa immer die Taste für den Android Task Manager anstelle des „Videoanruf annehmen“ Buttons. Doch mit meiner telefonischer Anweisung hat es im 4. oder 5. Versuch dann doch geklappt und nach kurzer Adjustierung der Kameralinse konnte der erste Videocall starten:
Doch die ersten Tage gab es täglich Anrufe und Probleme und mehrfach musste ich auch persönlich nochmals ausrücken um diese zu beheben. Daher möchte ich kurz einen Überblick geben, was alles potentielle Fehlerquellen sein könnten.
In meinem Fall war es von anfang an problematisch, da der WLAN-Hotspot vom Smartphone leider nicht dauerhaft aktiv blieb. Daher musste ich das Tablet in ein lokales WLAN einwählen, was dann zumindest dieses Problem gelöst hat.
Nach 2-3 oder Tagen konnte ich jedoch mit Teamviewer keine Verbindung zum Gerät herstellen und auch Skype anrufe scheiterten am „besetzt“ Geräusch. Telefonisch konnte ich herausfinden, dass in der Leiste ein „Flugzeug“ sichtbar ist. Der Flugmodus war eingeschalten. Leider war es telefonisch nicht möglich, die Anweisungen so klar zu formulieren, dass meine Großeltern diesen selbst hätten deaktivieren können.
Dies habe ich, nachdem ich einmal mehr persönlich im Stiegenhaus mit Einweghandschuhen hantieren musste, in eine zusätzliche Anleitung mit Screenshots gepackt.
Ein weiteres Mal musste ich ausrücken, als man telefonisch per Skype keinen Kontakt mehr aufnehmen konnte. In diesem Fall wurde unabsichtlich durch Herumdrücken die Skype App deinstalliert.
Um das zu verhindern, habe ich danach ein sehr nützliches Feature des Square Home 3 – Launcher verwendet. Hier ist es möglich Apps zu verstecken. Somit können meine Großeltern zwar aktiv keine Calls mehr starten, da sie in der Regel aber ohnehin angerufen werden, spielt das in diesem konkreten Usecase kaum eine Rolle. Jedenfalls ist die App seither (knapp 2 Wochen) in Betrieb.